Wenn eine Prinzessin „ritterlich“ gegen einen Drachen kämpft
und ein Gespenst einlädt, auf der Schlossburg zu wohnen, ist eines klar:
Es wird spannend und lustig zugleich.
Nicht nur Susabella, sondern auch das Gespenst Niklas Nieswurz
ist immer für eine Überraschung gut!
Ein lustiges Vorlesebuch für Kinder ab 6 Jahren
***
Leseprobe
Warum Ritterinnen und Ritter keine Grillwürstchen sein wollen
Der König nickte, nachdem er Prinzessin Susabellas Vorschläge angehört hatte, und es dauerte höchstens zehn Minuten, bis der Befehl
ausgeführt war. Vielleicht waren es auch elf Minuten, denn ausnahmsweise schaute der König nicht auf seine Taschenuhr.
Die Diener hatten in aller Eile zwei große, dicke Baumstämme herbeigetragen und aufrecht auf Drehscheiben gesetzt. Währenddessen wurden alle Bürsten und Besen aus dem gesamten Schloss eingesammelt
und rund um die Baumstämme herum festgenagelt: breite Besen, schmale Besen, kleine und große Besen, Bürsten mit harten und weichen Borsten, Schrubber, Handfeger, Haarbürsten, Zahnbürsten – sogar die
von der Königin! – Spül- und Schuhbürsten. Nur die Klobürsten durften nicht mit dazu. Hier verzog sogar Prinzessin Susabella das Gesicht und schickte den Diener wieder weg. In die letzte Lücke kam
dann noch die kleine goldene Bürste, mit der der König immer seinen Kinnbart bürstete.
Als Nächstes verbanden sie die Drehscheiben mit einem Seil, das rundherum gelegt wurde. Ein weiteres Seil wurde von einer der Scheiben zu einem Fahrrad geführt, das sie eilig auf einen Ständer
geschraubt hatten. Und als sie fertig waren, war allen sofort klar, wie das Ganze funktionieren sollte. Es sah nämlich aus wie zwei dicht nebeneinanderstehende Bürstenwalzen, die sich drehen würden,
sobald jemand in die Pedalen des Fahrrads trat. Zwischen den Bürstenwalzen war gerade genug Platz, dass die Ritter und Ritterinnen in ihren Rüstungen hindurchpassten. Die Bürsten würden in
Nullkommanichts rundherum sämtlichen Rost herunterbürsten. Und als nun auch die letzten Diener angerannt kamen und sämtliches Öl – sogar das Salatöl aus der Schlossküche – und all die vielen
Parfümzerstäuber der Königin brachten, konnte es losgehen.
Das Parfüm war schnell ausgegossen. Der Schlosshof roch danach zwar ziemlich duftig nach Rosen, Veilchen, Stiefmütterchen und noch vielen anderen Blumen, aber mit Wäscheklammern auf der Nase, die die
Waschfrau schnell herbeibrachte, war es durchaus auszuhalten. Innerhalb weniger Augenblicke waren die Sprühfläschchen mit Öl gefüllt und als nun die Königin Sigulinde anfing, so fest wie nur möglich
in die Pedale des Fahrrads zu treten, kam die Sache in Schwung.
Ein Ritter nach dem anderen quetschte sich zwischen den sich drehenden Büstenwalzen hindurch. Der Rost der Rüstungen flog und staubte nur so durch die Gegend und Prinzessin Susabella und der neue
Küchenjunge Kunibert, die sich hinter der Rostschrubbanlage postiert hatten, sprühten Öl auf die blanken Rüstungen, was das Zeug hielt!
Die Königin schnaufte und prustete und schwitzte währenddessen auf ihrem Fahrrad und ihre Lockenfrisur war zuletzt arg zerzaust, doch keine Ritterin und kein Ritter hatte danach auch nur noch ein
Fleckchen Rost an Rüstung oder Schwert! Sie blitzten, blinkten und glänzten nur so und sogar der König, der diesmal den Schluss machte, nickte zufrieden.
Nur der Koch, der die ganze Zeit dabeigestanden und zugeschaut hatte, schüttelte den Kopf. Zuerst nur ein wenig, dann aber immer heftiger und zuletzt so wild, dass ihm die hohe Kochmütze vom Kopf
fiel.
„Was ist los, Koch Kasimir?“, fragte Susabella, die das natürlich bemerkt hatte.
„Na ja, jetzt glänzen alle zwar wie Speckschwarten und niemand quietscht mehr, aber das wird nichts werden“, setzte dieser sich die Mütze wieder auf den Kopf. „Die Rüstungen schützen zwar vor den
Flammen, aber nicht vor der großen Hitze. Ihr alle seht aus wie Würstchen in Alufolie gewickelt. Gegrillt und mit etwas Ketchup werdet ihr dem Drachen sicher gut schmecken.“
König Widupert kratzte sich an der Nasenspitze und am Kinn, Königin Sigulinde fiel bei diesen Worten fast ihn Ohnmacht, doch die Ritter und Ritterinnen beschwerten sich sofort lauthals:
„Unverschämtheit! Wir sehen garantiert nicht aus wie Würstchen in Alufolie! Und verspeisen lassen wir uns ebenfalls nicht, schon gar nicht mit Ketchup!“
Am lautesten beschwerte sich wie immer Ritter Willibald von Knackwurst. Sein Brustpanzer mit dem Wurstwappen wackelte, als er dem Koch empört mit der Faust drohte.
„Wer mich ein Würstchen nennt, dem brate ich eins über! Iiiiich bin Ritter Willibald von Knackwurst, edler Urururenkel des hochedlen ...“
„... Pelle von Knackwurst, das wissen wir!“, fielen die anderen Ritter und Ritterinnen ihm genervt ins Wort und verdrehten die Augen hinter ihren Helmvisieren. Ritter Willibald schwieg sofort
beleidigt, verschränkte die Arme und ließ nur noch ein leises „Pff!“ hören.
„Koch Kasimir hat recht“, ertönte da Prinzessin Susabellas Stimme und als sich alle in ihren Rüstungen ihr wieder zuwandten, fächelte König Widupert seiner Frau rasch ein wenig frische
Rosen-Veilchen-Stiefmütterchenluft zu.
„Wie bitte?“, kam es sofort wieder erbost von Willibald von Knackwurst.
„Der Koch hat recht, denn wenn jemand etwas vom Würstchengrillen versteht, dann ja wohl er.“
„Und wie sollen wir uns und unsere schöne Schlossburg dann verteidigen?“, fragte König Widupert. „Wir werden den Drachen mit vereinten Kräften auf der Mauer und den Türmen bekämpfen müssen und ohne
Rüstungen geht das nicht.“
„Stimmt, du hast ebenfalls recht, Papa“, nickte sie, tippte sich an die Nasenspitze und lächelte dann schlau. „Was macht man, wenn man nicht gegrillt werden will?“
Alle sahen sich gegenseitig ratlos an und zuckten die Schultern.
„Na ja, der Drache wird kommen und sein Grillfeuer bringt er ganz sicher mit, oder?“, fragte sie weiter.
„Natürlich! Schließlich ist er ein feuerspeiender Drache“, bestätigte König Widupert.
„Richtig. Was aber macht man, wenn man ein Feuer löschen will, hm?“
„Man gießt Wasser drüber“, hob der neue Küchenjunge Kunibert zaghaft die Hand, um sich zu Wort zu melden.
...
Ende der Leseprobe